
Behandle öffentliche KI-Chats wie eine offene Postkarte. Alles, was du eingibst, kann vom Anbieter (z.B. OpenAI, Google) gespeichert, von Mitarbeitern eingesehen und zum Training zukünftiger Modelle verwendet werden.
Gib niemals sensible Daten ein. Persönliche Informationen (Namen, Adressen), Geschäftsgeheimnisse oder private Details gehören nicht in einen öffentlichen KI-Chat.
Lerne die Kunst der Anonymisierung. Um die KI sicher für die Arbeit zu nutzen, beschreibe dein Problem mit allen nötigen Details, aber ersetze alle vertraulichen Namen, Zahlen und Fakten durch allgemeine Platzhalter wie [KUNDENNAME] oder [PROJEKTNAME].
Wir haben gelernt, wie eine Künstliche Intelligenz lernt, wie sie Bilder malt und wie sie uns als persönlicher Assistent den Arbeitsalltag erleichtern kann. Wir füttern sie mit unseren Fragen, unseren Problemen und unseren kreativen Ideen. Im Gegenzug erhalten wir beeindruckende Ergebnisse.
Aber in der digitalen Welt gibt es ein altes Sprichwort: Wenn ein Dienst kostenlos ist, bist du nicht der Kunde, sondern das Produkt.
Das gilt auch für die meisten öffentlich zugänglichen KI-Modelle. Die "Währung", mit der wir bezahlen, sind unsere Eingaben – unsere Daten. Das wirft eine der wichtigsten Fragen im Umgang mit dieser Technologie auf: Was genau weiß die KI über mich? Und was passiert mit den Informationen, die ich ihr anvertraue?
Die zwei Arten von Daten: Das Fundament und das Gespräch
Um zu verstehen, was eine KI über dich "weiß", müssen wir zwei fundamental unterschiedliche Arten von Daten trennen:
1. Die Trainingsdaten (Das Fundament)
Das ist das Wissen, mit dem das KI-Modell ursprünglich gebaut wurde. Für große Sprachmodelle wie ChatGPT ist dies ein riesiger Schnappschuss eines großen Teils des öffentlichen Internets (Wikipedia, Nachrichten, Bücher, Foren etc.).
- Weiß die KI etwas über dich aus diesen Daten? Wahrscheinlich nicht direkt als identifizierbare Person. Aber wenn du jemals öffentlich online aktiv warst – einen Blog geschrieben, in einem Forum kommentiert oder einen öffentlichen Social-Media-Post verfasst hast – könnten deine Worte Teil dieses riesigen Datentopfes sein. Die KI kennt dann nicht "dich", aber sie kennt die Muster in den Texten, die von Menschen wie dir geschrieben wurden.
2. Die Interaktionsdaten (Das aktuelle Gespräch)
Das ist der entscheidende Punkt für den Datenschutz. Alles, was Du in das Chat-Fenster eingibst, ist eine neue Information. Jeder Prompt, jede Frage, jeder Text, den du einfügst – all das wird vom Anbieter des Dienstes (z.B. OpenAI oder Google) verarbeitet.
Diese Daten sind der Preis für die Nutzung. Und was mit ihnen geschieht, ist der Kern unserer Diskussion.
Was passiert mit meinen Prompts? Die Reise Deiner Eingaben
Wenn Du eine Anfrage an eine öffentliche KI sendest, passiert mehr, als du auf dem Bildschirm siehst. Deine Daten begeben sich auf eine Reise.
- Zur Generierung der Antwort: Zuerst werden deine Daten natürlich genutzt, um dir eine Antwort zu erstellen. Das System analysiert deinen Prompt, um den Kontext zu verstehen und die passende Reaktion zu generieren.
- Zur Verbesserung zukünftiger Modelle: Das ist der kritischste Punkt. Die meisten Anbieter behalten sich in ihren Nutzungsbedingungen das Recht vor, deine Konversationen (in anonymisierter Form) zu nutzen, um ihre KI-Modelle weiter zu trainieren. Deine Frage und die generierte Antwort werden zu neuem Lernmaterial. Du hilfst also unentgeltlich dabei, die KI der nächsten Generation zu verbessern.
- Zur Überprüfung durch Menschen: Um die Qualität zu sichern und schädliche Inhalte zu identifizieren, können ausgewählte, anonymisierte Gesprächsverläufe von menschlichen Trainern eingesehen werden. Ein Mensch bei OpenAI könnte also lesen, was du eine KI gefragt hast.
Die goldenen Regeln: Was Du einer öffentlichen KI NIEMALS anvertrauen solltest
Wenn wir das "Postkarten-Prinzip" verinnerlicht haben, ergeben sich daraus klare Regeln. Bestimmte Informationen haben in einem öffentlichen KI-Chat absolut nichts zu suchen.
1. 🚫 Persönlich identifizierbare Informationen (PII)
Gib niemals Daten ein, die direkt auf dich oder eine andere Person zurückzuführen sind. Dazu gehören:
- Vollständige Namen
- Adressen, Telefonnummern, E-Mail-Adressen
- Sozialversicherungsnummern, Ausweisnummern
- Bankverbindungen oder Kreditkartendaten
2. 💼 Vertrauliche Geschäfts- und Unternehmensdaten
Dein KI-Assistent hat keine Verschwiegenheitspflicht. Behandle ihn nicht wie einen Kollegen. Tabu sind:
- Interne Finanzberichte, Umsatzzahlen
- Geheime Produktstrategien, Marketingpläne
- Kundendatenbanken oder sensible Kundeninformationen
- Passwörter oder Zugangsdaten zu Firmensystemen
3. 🤫 Private, intime oder peinliche Details
Auch wenn es verlockend ist, die KI als eine Art Tagebuch oder Therapeuten zu nutzen – tue es nicht.
- Detaillierte Beschreibungen von persönlichen Beziehungen oder Konflikten.
- Sensible medizinische Informationen oder Krankheitsgeschichten.
- Alles, was dir peinlich wäre, wenn es morgen in der Zeitung stünde.
Die Kunst der Anonymisierung: Wie Du die KI trotzdem sicher nutzt
"Aber wie soll ich die KI dann für meinen Job nutzen, wenn ich keine Details eingeben darf?", fragst du dich jetzt vielleicht. Die Antwort liegt in einer einfachen, aber mächtigen Technik: der Anonymisierung.
Du gibst der KI den vollen Kontext und die Struktur deines Problems, ersetzt aber alle sensiblen Namen und Details durch generische Platzhalter.
Beispiel: Eine E-Mail an einen unzufriedenen Kunden formulieren
❌ Schlechter Prompt (unsicher):
"Formuliere eine Antwort an unseren Kunden Max Mustermann (max.muster@email.de) von der Firma 'Innovate GmbH'. Er beschwert sich, dass die Lieferung unserer neuen 'Super-Widget 3000'-Software (Bestellnummer #12345) drei Tage zu spät kam."
✅ Guter Prompt (sicher):
"Formuliere eine professionelle Entschuldigungs-E-Mail an einen unzufriedenen Kunden.
Kontext: Der Kunde [KUNDENNAME] von der Firma [FIRMENNAME] hat sich beschwert, dass die Lieferung eines Produkts [PRODUKTNAME] mit der Bestellnummer [BESTELLNUMMER] drei Tage zu spät kam.
Bitte schreibe einen Entwurf, der sich für die Verspätung entschuldigt und als Wiedergutmachung einen Rabatt von 10% auf die nächste Bestellung anbietet."
Die KI bekommt exakt den gleichen Kontext, um eine perfekte E-Mail zu formulieren, aber du hast keine einzige vertrauliche Information preisgegeben. Du kannst die Platzhalter [KUNDENNAME] etc. später im fertigen Entwurf selbst ersetzen.
Fazit: Nutze das Werkzeug, aber kenne die Regeln
Künstliche Intelligenz ist ein revolutionäres Werkzeug. Es wäre ein Fehler, aus reiner Angst auf ihr gewaltiges Potenzial zu verzichten. Genauso fahrlässig ist es aber, sie blind und ohne Verständnis für die Spielregeln zu nutzen.
Die wichtigste Regel ist, sich immer bewusst zu sein, dass man sich in einem halb-öffentlichen Raum bewegt. Behandle deine Interaktionen mit der KI mit derselben Vorsicht wie einen Social-Media-Post oder eine E-Mail, die du an einen großen Verteiler schickst.
Indem du lernst, sensibel mit deinen Daten umzugehen und deine Anfragen zu anonymisieren, erlangst du die wahre KI-Kompetenz: Du nutzt die volle Kraft der Maschine, ohne deine eigene Privatsphäre oder die deiner Kunden und Kollegen zu gefährden.
Weiterführende Fragen
Gibt es auch "private" KI-Lösungen für Unternehmen?
Ja. Große Anbieter wie Microsoft (über Azure OpenAI Service) oder Google (über Vertex AI) bieten spezielle Unternehmenslösungen an. Hier wird vertraglich garantiert, dass die eingegebenen Daten nicht für das Training der allgemeinen Modelle verwendet werden und die Privatsphäre des Unternehmens gewahrt bleibt. Diese Lösungen sind allerdings kostenpflichtig.
Was ist mit den Datenschutzeinstellungen in ChatGPT & Co.? Kann ich das Training mit meinen Daten dort nicht abschalten?
Ja, bei vielen Diensten kann man in den Einstellungen die Verwendung der eigenen Konversationen für das Training deaktivieren. Das erhöht die Privatsphäre, aber es ist wichtig zu wissen, dass die Daten zur Missbrauchsüberwachung trotzdem für eine gewisse Zeit (z.B. 30 Tage) gespeichert werden können. Die sicherste Methode bleibt, von vornherein keine sensiblen Daten einzugeben.
"Lernt" die KI in meinem aktuellen Chat von meinen vorherigen Fragen?
Ja, aber nur innerhalb der gleichen Konversation. Das Modell behält den Kontext des aktuellen Chats im "Gedächtnis", um auf deine vorherigen Aussagen Bezug nehmen zu können. Wenn du einen neuen Chat startest, beginnt das Modell wieder bei Null, ohne Wissen aus früheren, separaten Konversationen.
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