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KI, Machine Learning, Deep Learning: Was ist der Unterschied?

Du hörst diese Begriffe überall: Ein Unternehmen kündigt seine neue "KI-Strategie" an, dein Smartphone nutzt "Machine Learning", und hinter ChatGPT steckt "Deep Learning". Es klingt alles ähnlich, ist aber auch ziemlich verwirrend.
Russische Matroschka-Puppen
Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Deep Learning sind tief ineinander verschachtelt | Quelle: Julia Kadel
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Das Wichtigste in Kürze:

Künstliche Intelligenz (KI) ist der Oberbegriff und die große Idee, dass Maschinen menschenähnliche Aufgaben lösen.

Machine Learning (ML) ist eine Methode der KI. Statt Regeln zu befolgen, lernt die Maschine selbstständig aus Daten und erkennt Muster.

Deep Learning ist eine besonders leistungsstarke Form des Machine Learning. Sie nutzt tiefe neuronale Netze (ähnlich dem Gehirn) und ist die Technologie hinter ChatGPT und moderner Bilderkennung.

Du hörst diese Begriffe überall: Ein Unternehmen kündigt seine neue "KI"-Strategie an, dein Smartphone nutzt "Machine Learning", und hinter ChatGPT steckt "Deep Learning". Es klingt alles ähnlich, ist aber auch ziemlich verwirrend. Handelt es sich um drei verschiedene Dinge? Oder ist es doch irgendwie das Gleiche?

Die gute Nachricht: Es ist einfacher, als du denkst. Die Beziehung zwischen diesen drei Konzepten lässt sich perfekt mit einer russischen Matroschka-Puppe erklären. Stell dir eine große Puppe vor, in der eine mittelgroße steckt, in der wiederum eine kleine verborgen ist.

In diesem Artikel öffnen wir diese Puppen, eine nach der anderen. Am Ende wirst du nicht nur den Unterschied kennen, sondern ihn auch anderen erklären können.


Die größte Puppe: Künstliche Intelligenz (KI)

Künstliche Intelligenz, oder kurz KI, ist die äußerste und größte Puppe. Sie ist nicht eine spezielle Technologie, sondern ein riesiges Feld der Informatik und eine große, übergeordnete Idee.

Die Idee ist: Maschinen sollen Aufgaben erledigen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern.

Das ist ein sehr breites Ziel. Ein Taschenrechner erfüllt diese Definition nicht, denn Rechnen heißt, feste Regeln abarbeiten, die keinen Spielraum für Interpretationen lassen. Solche festen Regeln erfordern streng genommen keine Intelligenz.
Aber eine Navigations-App hingegen, die die schnellste Route durch den Stau findet, schon. Denn hier muss der Computer viele Routen gleichzeitig bewerten, aktuelle Verkehrsdaten einbeziehen (Staus, Unfälle, Baustellen), Prognosen treffen ("in 30 Minuten beginnt der Feierabendverkehr und die A1 wird sich verstopfen") und aus all diesen Faktoren die beste Route finden - es werden also Entscheidungen und intelligentes Handeln benötigt.

Unter das Dach der KI fallen unzählige Methoden. Einige sind sehr einfach und basieren auf festen Regeln (z.B. "WENN der Sensor Regen meldet, DANN schalte den Scheibenwischer an"). Andere Ansätze sind deutlich komplexer und flexibler. Und der wichtigste dieser modernen Ansätze führt uns zur nächsten Puppe.


Die mittlere Puppe: Machine Learning (ML)

Wir öffnen die große KI-Puppe und finden darin die nächste: das Machine Learning (zu Deutsch: Maschinelles Lernen).

Machine Learning ist nicht nur irgendein Teil der KI, es ist der wichtigste und revolutionärste Ansatz, um KI zu erzeugen. Statt einem Computer jeden einzelnen Schritt per Regel vorzugeben, bringen wir ihm bei, selbstständig aus Erfahrungen zu lernen.

Wie funktioniert das? Ganz einfach: durch Beispiele.

Stell dir vor, du willst einem Computer beibringen, eine Katze auf einem Bild zu erkennen.

  • Der alte Weg (ohne ML): Du müsstest als Programmierer versuchen, endlose Regeln aufzustellen: "WENN etwas spitze Ohren hat UND Schnurrhaare UND ein Fell, DANN ist es vielleicht eine Katze." Das ist unglaublich kompliziert und scheitert schnell (was ist beispielsweise mit einer Katze, die von hinten zu sehen ist? Oder einer, die gar kein Fell hat?).
  • Der neue Weg (mit ML): Du gibst dem Computer keine Regeln. Stattdessen zeigst du ihm 100.000 Bilder, auf denen Katzen zu sehen sind, und 100.000 Bilder ohne Katzen. Damit hätte das System 200.000 Trainingsdaten. Der Machine Learning-Algorithmus analysiert diese riesige Menge an Daten und findet selbst die Muster, die eine Katze ausmachen. Wenn man dem System nun nach diesen 200.000 Bildern ein Testbild gibt, sucht der Algorithmus in seinen gespeicherten Trainingsdaten nach ähnlichen Fällen.

Das System lernt also, ohne explizit dafür programmiert worden zu sein. Es schreibt quasi seine eigenen Regeln. Das ist der Motor, der fast alle modernen KI-Anwendungen antreibt – von den Filmempfehlungen auf Netflix bis zur Vorhersage von Wetterdaten.


Die kleinste Puppe: Deep Learning

Jetzt öffnen wir die mittlere Puppe, das Machine Learning, und finden darin den Kern, die kleinste und leistungsstärkste Puppe: das Deep Learning.

Deep Learning ist eine spezielle und extrem leistungsfähige Methode des Machine Learning. Es hat die KI-Welt in den letzten Jahren revolutioniert und Phänomene wie ChatGPT erst möglich gemacht.

Was macht Deep Learning so besonders? Es verwendet eine Struktur, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist: das künstliche neuronale Netz.

Stell dir dieses Netz wie ein Team von Spezialisten vor, das in mehreren Ebenen (oder Schichten) angeordnet ist. Daher kommt auch der Name "Deep" (tief) – weil diese Netze viele Schichten haben.

Wenn wir bei unserem Katzenbeispiel bleiben, würde ein Deep Learning-Modell so arbeiten:

  1. Erste Schichten: Schauen sich nur einzelne Pixel an und erkennen ganz einfache Dinge wie Kanten, Ecken oder Farbflecken.
  2. Zweite Schichten: Erhalten die Informationen aus den ersten Schichten und bilden erste Zusammenhänge - beispielsweise "20 benachbarte gleichfarbige Pixel könnten ein Auge bilden".
  3. Mittlere Schichten: Nehmen die Informationen der zweiten Schichten und kombinieren sie zu komplexeren Formen. Sie erkennen vielleicht "zwei runde Formen, die wie Augen aussehen und zwei spitze Dreiecke, die Ohren sein könnten, bilden zusammen eventuell ein Gesicht".
  4. Letzte Schicht: Nimmt all diese kombinierten Muster und trifft die finale Entscheidung: "Die Kombination aus Augen, Ohren und Schnurrhaaren, die ich hier sehe, entspricht mit 99%iger Wahrscheinlichkeit dem Muster 'Katze'."

Durch diese tiefen Schichten kann Deep Learning extrem komplexe und abstrakte Muster in riesigen Datenmengen erkennen – viel besser als traditionelle Machine Learning-Methoden. Es ist die Technologie, die es Computern ermöglicht, Sprache so flüssig zu verstehen, realistische Bilder zu malen oder komplexe medizinische Diagnosen zu stellen.


Zusammengefasst: Die Matroschka im Überblick

  • Künstliche Intelligenz (KI) ist das gesamte Feld: die große Idee, einer Maschine menschenähnliche Fähigkeiten zu geben.
  • Machine Learning (ML) ist eine der wichtigsten Methoden, um KI zu erreichen. Die Maschine lernt selbst aus Daten, anstatt nur Regeln zu befolgen.
  • Deep Learning (DL) ist eine spezielle Technik innerhalb des Machine Learning, die sehr tiefe neuronale Netze verwendet, um extrem komplexe Muster zu erkennen.

Es gilt also: Jedes Deep Learning ist Machine Learning, und jedes Machine Learning ist KI. Aber nicht jede KI nutzt Machine Learning, und nicht jedes Machine Learning ist Deep Learning.


Warum ist dieser Unterschied wichtig?

Diese Unterscheidung ist mehr als nur Haarspalterei. Sie hilft dir, den Hype um KI besser einzuordnen.

Wenn ein Unternehmen von seiner neuen "KI, um Bewerbungen zu systematisieren" spricht, kannst du hinterfragen: Handelt es sich um eine simple, regelbasierte KI (WENN Bewerber Informatik Abschluss hat, DANN zu Bewerbungsgespräch einladen) oder steckt dahinter ein lernendes ML-Modell, das vielleicht sogar die Bewerbungen tiefer analysiert? Letzteres kann nützlich sein, bringt aber auch Fragen zum Datenschutz mit sich. Ein lernendes System kann zum Beispiel einen Bias (Verzerrung) aus seinen Daten übernehmen und unfaire Ergebnisse produzieren.

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Ein Bias (Verzerrung) ist ein systematischer Fehler in einer KI, der zu unfairen oder falschen Ergebnissen führt. Bias entsteht meist, weil die Daten, mit denen die KI trainiert wurde, bereits menschliche Vorurteile oder eine einseitige Sichtweise enthalten.

In diesem Beispiel könnte die KI vorher gelernt haben "es gibt nur Informatiker mit Uni-Abschluss", wodurch Informatiker mit einer Ausbildung ausgegrenzt werden würden.


Weiterführende Fragen

Kann man sagen, Deep Learning sei "besser" als Machine Learning?

Nicht unbedingt. Deep Learning ist extrem gut bei sehr komplexen Aufgaben mit riesigen Datenmengen (wie Sprache oder Bilder). Für einfachere Probleme (z.B. die Vorhersage von Kundenabwanderung anhand von Tabellendaten) können klassische Machine-Learning-Methoden oft schneller, einfacher zu interpretieren und genauso effektiv sein. Es ist wie die Wahl des richtigen Werkzeugs für die jeweilige Aufgabe.

Braucht jede KI Machine Learning?

Nein. Es gibt auch "regelbasierte" KI-Systeme, die festen "Wenn-Dann"-Regeln folgen. Ein einfaches Beispiel ist ein Schachcomputer, der nach vordefinierten Zügen sucht. Moderne, flexible und leistungsstarke KI-Anwendungen basieren aber fast immer auf Machine Learning.

Woher kommt der Name "Deep" in Deep Learning?

Der Name kommt von der Struktur der verwendeten neuronalen Netze. Diese haben nicht nur eine Eingabe- und eine Ausgabeschicht, sondern dazwischen viele weitere Schichten. Weil diese Netze eine große "Tiefe" an Schichten haben, die nacheinander Informationen verarbeiten, nennt man den Ansatz "Deep Learning".

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